Buchbesprechung (veröffentlicht in StAnz. 1999 S. 1594)

Die Kommunalaufsicht (Aufgaben, Rechtsgrundlagen, Organisation). Von Uwe Lübking und Klaus Vogelgesang. 1998, 236 Seiten, fester Einband, 98,-DM. Erich Schmidt Verlag, Berlin, Bielefeld, München. ISBN 3 503 05013 2

Die Kommunalaufsicht steht gegenwärtig in allen Bundesländern in einem deutlichen Spannungsverhältnis. Einerseits soll sie mit den immer zahlreicheren und sich immer schneller verändernden Gesetzen bestens vertraut sein und die Kommunen auf Wunsch jederzeit über die Rechtmäßigkeit von jeglichen Maßnahmen beraten; die kommunale Eigenverantwortung steht mehr und mehr im Vorgrund, sogar der staatliche Anzeigevorbehalt für kommunale Satzungen wurde in Hessen kürzlich gestrichen (vgl. das Dritte Rechts- und Verwaltungsvereinfachungsgesetz vom 17.12.1998, GVBl. I S. 562). Andererseits gehen die Kommunen zur Behebung der aktuellen Finanznot vielfach neue Wege, auf die wiederum dann gerade die kommunale Finanzaufsicht nicht zuletzt wegen der staatlichen Garantie der Konkursunfähigkeit der Kommunen (§ 146 Abs. 2 HGO) ggf. mit der gebotenen Schärfe repressiv reagieren soll. Die "Staatliche Kommunalaufsicht im Wandel" ist derzeit eines der bevorzugten Themen der verwaltungsrechtlichen Literatur (vgl. Knemeyer, BayVBl. 1999, 193; Pitschas, DÖV 1998, 907; Schuppert, DÖV 1998, 831; Dreßler, KommP SW 1998, 231). Der berühmte Ausspruch des Staatsrechtlers Lorenz von Stein "Die Oberaufsicht bildet eines der schwierigsten Gebiete im ganzen öffentlichen Recht" ist daher heute mindestens so aktuell wie 1869.

Vor diesem Hintergrund ist es zu begrüßen, dass der Beigeordnete beim Deutschen Städte- und Gemeindebund, Uwe Lübking, und der Vorsitzende Richter am Bundesverwaltungsgericht, Dr. Klaus Vogelgesang, eine umfassende, verständliche und praxisorientierte Darstellung der Materie des Aufsichtsrechts über die Kommunen vorgelegt haben. Zu Recht haben sie festgestellt, dass in den zahlreichen Veröffentlichungen über die kommunale Selbstverwaltung die Aufsicht häufig zu kurz behandelt wird. Die Rechtsgrundlagen, die allgemeinen Grundsätze (Rechtsaufsicht) und die einzelnen Mittel der Kommunalaufsicht sowie das Zusammenspiel zwischen der internen und der externen Aufsicht werden umfassend dargestellt. Hinweise auf die höchstrichterliche Rechtsprechung und die kommunalwissenschaftliche Literatur ermöglichen dem geneigten Leser eine vertiefende Befassung mit dem Thema.

Lesenswert sind insbesondere die Ausführungen über die geschichtliche Entwicklung der Kommunalaufsicht, gerade nach der Nassauer Denkschrift des Freiherrn vom Stein (1807), über den Rechtscharakter der Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung (die Verfasser plädieren für eine Rechtsschutzmöglichkeit der Gemeinden gegen solche Weisungen!), über das Petitionsrecht der Kommunen, über die Freigemeindeversuche in Skandinavien und nicht zuletzt über die Einhaltung des Dienstweges, und zwar nicht nur im Verhältnis der Gemeinden zum Land, sondern auch umgekehrt; dabei zeigen die Verfasser insbesondere die rechtlichen Probleme auf, die sich ergeben, wenn sich Kommunalparlamentarier, die zugleich Landtagsabgeordnete sind, auf diesem Weg unmittelbar an die Landesregierung und die oberste Aufsichtsbehörde wenden.

Ministerialrat Ulrich Dreßler

© Ulrich Dressler, 04.08.2007